Sexuelle Unlust sollte kein Tabu-Thema sein!
Nicht nur bei Müttern ist sie nach der Geburt ein Problem, sondern auch bei Vätern.
Mein Mann hat von Anfang an gesagt, dass er bei der Geburt nicht dabei sein will. Er würde das nicht aushalten und möchte diese blutige Angelegenheit nicht sehen. Ich fand das absolut nachvollziehbar und diese Entscheidung sollte auch nicht bei der Mutter liegen.
In den meisten Magazinen wird von einem wundervollen Ereignis gesprochen, an das sich beide Elternteile gerne erinnern. Ist das aber wirklich so?
Was bei Männern nach so einem Erlebnis passiert und wie sich eine Geburt auf das Sexleben auswirken kann, teilt Alexander in seinem Gastbeitrag nachfolgend mit uns. Als fünffacher Vater hat er sich mit diesem Thema sehr intensiv beschäftigen können.
» Ich möchte die Gelegenheit nutzen, die werdenden Mütter auf das Un-Thema sexueller Unlust ihrer Partner nach der Geburt hinzuweisen. Mich haben mittlerweile mehr als zehn männliche Bekannte gefragt, ob ich nach der Geburt eines meiner Kinder auch kein sexuelles Verlangen mehr nach der Kindsmutter hatte. Darauf basierend konnte ich bei einigen Paaren sogar eine sich anbahnende Trennung beobachten.
Die Mutter ist die wichtigste Person für ein Kind und bei Neugeborenen unersetzbar. Die gemeinsame Erziehung, zusammen mit dem Vater in einer harmonischen Beziehung , wirkt sich immer positiv auf den zukünftigen Erwachsenen aus. Ich ging deshalb sehr intensiv auf die damit betroffenen, mich hierzu befragenden männlichen Freunde ein. Zehn bis zwölf frischgebackene Väter sind noch lang keine Studie, aber meine Schlussfolgerungen hieraus sind so eindeutig, dass ich sie zur Diskussion stellen möchte.
Betrachtet man die Historie des elterlich gemeinschaftlich durchlebten Geburtsvorgangs, wird man feststellen, dass diese aktuell gängige Praxis in den frühen Siebzigern des vergangenen Jahrhunderts ihren Anfang nahm. Waren es anfänglich nur wenige Paare kommunarder, bzw. alternativer Lebensformen, steigerte sich deren Anteil bis auf gegenwärtig geschätzt 90% aller in Deutschland stattfindenden Geburten. Flankiert mit Bildern happiness-besoffener Väter in der medialen Berichterstattung, wurde aus der einst nur von alternativ lebenden Paaren in Anspruch genommenen Möglichkeit ein gesellschaftliches Must-do.
Das dieses Erlebnis jedoch auch negative Folgen, für etliche daran teilnehmende Väter hat, sucht man vergebens in den Artikeln der Lifestyle-Magazine. Postnatale Depressionen und eine verringerte sexuelle Attraktivität des Partners, um hier nur zwei der möglichen Folgen aufzuzählen. Das diese auf den Mann direkt wirkenden Folgen, in der Rückkopplung auch immer indirekte Auswirkungen auf die junge Mutter haben, dürfte hierbei unstrittig sein.
Während ich es bei allen Kindern vehement abgelehnt hatte, bei der Geburt zugegen zu sein, waren alle mich darauf ansprechenden Männer dabei. Argumente ihrer Lustlosigkeit:
“Ich habe Angst dir dabei wehzutun.”,
“Die unruhigen Nächte erzeugen Stress in mir.”
“Ich bin durch unser Kind bereits übervoll mit Glücksgefühlen.”
Im Podcast “Beste Vaterfreuden” von Jakob und Max, hörte ich von Max hierzu diese Begründung:
Alle körperlichen Geschlechtsmerkmale haben sich nur noch auf „Kind versorgen“ und „Kind gebären“ reduziert.
Hallo, geht es noch? Das würde ja im Umkehrschluss nichts Anderes bedeuten, als dass er vorher nur ein Stück Pussy anstelle der dazugehörigen Person gevögelt hätte. Spiegel, Netmoms, Focus, Apotheken Vorschau, sowie restlos alle anderen selbsternannten Beratermedien, führen verdächtig auffällig ein hier noch ungenanntes Argument überhaupt nicht an. Nun gut früher war man auch der Meinung, dass unser Planet eine Scheibe wäre.
Damit ihr es auch nachempfinden könnt, also nicht versteht sondern fühlt, schaut euch bitte einmal auf Youtube den Geburtsvorgang eines Kindes an, bei dem es mit dem Kopf voran, durch eine aufzuplatzen drohende Vagina den Mutterleib verlässt.
Is it sexy? Let’s be honest, ladies. Die meisten Männer bekommen dieses Bild, sowie ihrer eigenen Ohnmacht über die bis zur absoluten Erschöpfung kämpfenden Frauen nicht mehr aus ihren Köpfen heraus, was häufig, sehr häufig zum Erliegen ihres sexuellen Verlangens, auf die zur Vagina gehörende Frau führt. Genau dies war bei allen mich hierzu ansprechenden Kameraden wirklich passiert, wobei sie es selbst nicht als eigentliche Ursache ausmachen konnten. Wie auch?
Wenn man versucht mit dem Verstand, eine solche intern und extern hochkomplex wirkende Emotion zu erfassen, ist man zum Scheitern verurteilt. Denn die Erinnerung fördert zugleich auch immer die dazugehörige und noch vorhandene Emotion zutage, dass ist bereits die Champions League und nicht mehr auf Hobbypsychologen Niveau.
Die Frau ist mit Ankunft des Babys sämtlicher Schmerzen sofort befreit und Endorphin bedingt, in einem nie zuvor erlebten Wohlfühlzustand. Der Mann erfährt genetisch bedingt keine solche körpereigene Endorphinausschüttung, die bei ihr auch die Erinnerung an den traumatisch wirkenden Mix aller psychisch und physisch zuvor erlebten Stressmomente einfach auslöscht. Weg, aus und vorbei ist das Leiden für die Mutter.
Ihm bleibt jedoch in nachfühlbarer Erinnerung, was bei ihr schon längst verschwunden ist. Erst als ich die Jungs mit einer stark bilderzeugende Schilderung des konservativen Geburtsvorgangs konfrontierte, wurde ihnen langsam die wahren Ursachen bewusst.
Das und damit sich selbst als vermeintliche Heulsuse zu akzeptieren, ist für die meisten Männer nicht einfach und auch mit Schmerz verbunden, dem sie naturgemäß automatisch ausweichen. Einige schämten sich deswegen; fühlten sich als Versager und in ihrem Selbstbild angegriffen. Klar sie wollten ihren Frauen zur Seite stehen und das was alle anderen Männer in ihren Schilderungen, als das Giga-Ereignis schlechthin verklären, auch selbst erleben. Es ist vergleichbar mit der Euphorie mit der Männer oftmals in den Krieg ziehen, um letztendlich stark traumatisiert zurückzukehren.
Bei den mich hierzu um Rat fragenden Freunden war keiner bei einer per Kaiserschnitt durchgeführten Geburt zugegen. Keine Schmerzen, keine Erschöpfungsschreie, ein alles verdeckendes OP-Tuch, Anästhesie, Skalpell, Kind raus und fertig.; da rammelt man dann auch, sobald man wieder darf, wie ein Karnickel in die glückliche Mami. Die drei Mamis meiner Kinder waren nach den Geburten nicht minder triebhaft und besprangen eher mich, als ich sie.
Nun liebe Frauen, lasst euch bitte nicht von ein oder zwei, aus moralischen Gründen vollzogenen Pflichtnummern täuschen. Das über Jahrtausende hindurch, die Väter während des Geburtsvorgangs Persona non grata waren, hatte nicht nur religiöse Gründe.
Bei den germanischen Stämmen waren Geburten genauso männerfreie Ereignisse, wie zu biblischen Urzeiten. Das der miterlebende Vater danach stets behauptet, dass es für ihn ein archaisches Erlebnis gewesen sei, entspringt doch eher der gesellschaftlichen Erwartungshaltung als den Tatsachen. Selbstverständlich haben nicht alle Männer damit ein Problem, doch welche Charaktere es trifft, kann man im Vorfeld eines solchen Ereignisses nicht wissen, auch wenn ich hierzu eine Vermutung habe.
Vom Macho bis zum Softie kann es unvorhersehbar wirklich jeden betreffen. Getreu dem Motto: sicher ist sicher, solltet ihr eure Partner während der Geburtsphase besser zum Juwelier und Floristen lassen. Wollt ihr unbedingt jemanden an eurer Seite haben, nehmt eine sehr gute Freundin die bereits selbst Mutter ist mit in den Ring. Mütter und Schwestern, insofern letztere bereits Mütter sind, eignen sich natürlich genauso.
Ich habe es euch und noch viel mehr euren Kinder zum Gefallen getan. Verzweifelt nicht an der Realität und habt Nachsicht mit uns Männern, denn während wir Viert- oder Fünftklässler noch unsere kleinen Penisse beim Pinkeln miteinander vergleichen, redet ihr bereits über Gefühle, das holen wir dann im statistischen Mittel, erst im Alter von siebzig Jahren wieder ein. »
Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Gastbeitrag. Die Bildrechte liegen bei unsplash. Mehr zum Thema Kind & Kegel findet ihr hier.
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